In Offenbach und Mühlheim Main gibt es eine verrückte Szene lockerer Typen. Guter Dinge sind sie alle, aber vom anderen Ufer sind sie auch.
So entstand in Mühlheim schon in den 70ern das Travestietheater „Gerdas kleine Weltbühne“ und irgendwann auch das Cafe Orange in Offenbach. Da trafen sie sich dann alle. Die Gerda (Ballon), die Jutta und alle anderen Gleichartigen oder auch nicht. Geführt wurde das Cafe von dem jungen göttlichen Thomas Rau, der mit Begeisterung und Überzeugung dabei war, denn er war schon immer ein bisschen Olga und noch viel mehr orange.
Dieser Thomas wollte dann mal eine Travestieshow in seinem Cafe Orange veranstalten und bei ihm ist der Gedanke sofort auch schon Tat. Gerda konnte nicht und auch Jutta hatte ordentlich eigenes Programm. Also wurde eine empfohlener andere Travestieshow gebucht. Mit Begeisterung kaufte Thomas schon mal eine Rolle mit 500 Eintrittskarten im Fegro-Großmarkt für damals noch gute Deutsche Mark 9,50 zuzüglich Mehrwertsteuer, setzte sich in sein Cafe und freute sich.
Ruckzuck waren 80 Karten an die Stammgäste verkauft, mehr gehen da wirklich nicht rein.
Aber großes Gezeter im Hause Orange, als 4 Wochen vor dem Showdown die Absage kommt. Künstler tritt nicht auf. Keine Show, da muss ich auch absagen, Karten wieder zurücknehmen und die Rolle Karten auch umsonst gekauft. Verdammt, was tun?
Nein, alle Gerdas und Juttas der Welt konnten nicht einspringen. Sie hatten ja beide selbst ein volles Haus.
Krisensitzung: und da fiel erst mal Gerda aus der Rolle und anschließend bei Thomas der Groschen.
“ Mit Deinen verdammten Eintrittskarten gehst Du mir aber jetzt auf den Senkel. Wenn Du so weiter jammerst, zahle ich Dir Die doofen 9,50 zurück, oder Du ziehst selbst einen schnuckeligen Fummel an und machst das selbst“.
Das war ein Ultimatum und der Beginn einer großen Leidenschaft.
Somit schlüpfte das Olga Orange 1990 aus dem Ei und hatte seinen ersten Auftritt im eigenen Cafe. Gerda lieh ihm die Pumps, Kleider und Perücken, Jutta schminkte es und dann warf das Olga allen Mut zusammen, kam, sah und siegte….
Wie ging es danach weiter?
Die ersten Jahre, erinnert sich Olga, war ich mit meinem Cafe Orange – Partner Barry Wendt ( Bernard Wenzel), der schon lange vorher als Schlagersänger in der Showbranche tätig war, unterwegs. Als Olga Orange und Barry Wendt-Duo traten wir erstaunlich oft im eigenen Cafe oder auf Galas und sonstigen Veranstaltungen auf. Zuerst wir zusammen auf der Bühne, dann war er mit drei Liedern dran, während ich mich umzog und dann ich. Das lief super gut.
Nach 10 Jahren hat dann jeder sein eigenes Ding gemacht. Zwischenzeitlich hatte mein Olga-Kleiderschrank schon größere Ausmaße als der von Thomas. Obwohl, viele meinen wohl, dass ich meine Neigungen auslebe und auch als Olga im Kleidchen zum Einkaufen gehe. Das ist falsch.
Die meisten Travestieler haben nur zur Show ihren Fummel an und tagsüber sind sie Bernd, Walter, Michael oder ich eben Thomas. Für die hauptberuflichen Travestiekünstler ist das ein Beruf wie jeder andere, nun ja, vielleicht etwas schillernder, paradiesvogeliger, etwas durchgeknallt.
Aber meistens sind wir selbständig und müssen wie jeder Unternehmer uns auch um Steuern, Krankenkasse und Rente, um Würstchen, Bettwäsche und Staubsauger kümmern. Ich gebe zu, beim Umschalten von Olga dem Unterhaltungswunder (lach) zu Thomas, der eigentlich von Geburt an ein Finanzgenie war, ist manchmal Sand im Getriebe.
In den 20 Jahren Olga Orange habe ich wirklich viele Kollegen, Schauspieler, Leute aus Politik und Wirtschaft kennen gelernt. Mit Thomas hätte da keiner geredet, mit Olga alle. Dabei gibt es unnette und nette Leute und mit einigen der netten habe ich schon viel Spaß gehabt. Welchen Spaß verrate ich euch aber nicht.
Mit bis zu 180 Verpflichtungen jährlich ist der Terminkalender wirklich prall gefüllt. Bis zu 4 Auftritte an einem Tag hat das Olga schon bewältigt. Minutiöse Planung, gute Nerven und eine gehörige Portion Leidenschaft sind da Vorraussetzung. Seine Show gehört wohl zum Besten, was man / frau als Travestieshow geboten bekommt. Kein Auge bleibt trocken und es wird davon gemunkelt, dass Besucher seiner Show schon wegen ausgekugelter Unterkiefer behandelt wurden. Einfach zu viel gelacht.